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Es war einmal...

vor gar nicht allzu langer Zeit, vielleicht war es ein Dienstag oder auch ein Donnerstag, als Lille abends in ihrem Bett lag und ziemlich traurig die letzte Seite eines Buches las. Sie war nicht traurig über die Geschichte, nein! Und auch war sonst nichts passiert, worüber sie hätte bekümmert sein müssen. Es war einfach das erste Mal, dass sie ganz alleine ein Buch gelesen hatte.

Nur für sich war sie die letzten zwei Wochen jeden Abend in ihre kleine Welt eingetaucht. Sie spazierte dort herum und manchmal glaubte sie sogar, die Düfte dieser Welt riechen zu können. Aber noch nie musste sie erleben, wie wehmütig es sich anfühlt, wenn man ein Buch schließt und eine Welt verlassen muss, obwohl man sich immer noch so fühlt, als wäre man ein Teil von dieser. Einfach so, weil die Geschichte ihr Ende gefunden hatte.

Na klar, Mama hatte ihr so oft Geschichten vorgelesen, noch bevor sie das Lesen und Schreiben gelernt hatte. Aber so richtig tief durch andere Welten schlendern - das schafft man eben doch nur für sich, im Stillen.

Einen Moment schaute Lille etwas sauer auf den Buchrücken, schließlich war er es, der sie zurück in ihr Zimmer geholt hatte. In ihr Bett mit den weichen Kissen, die sonst immer so wunderbar nach Zuhause dufteten, aber genau jetzt, wollte sie eigentlich nicht hier sein.

 

Doch ganz plötzlich war da noch etwas, sie fühlte etwas Merkwürdiges. Es war versöhnlich und kroch ganz langsam vom kleinen Zeh den Bauch hinauf, bis zu ihren Lippen, dort kribbelte es kurz und wurde zu einem breiten Grinsen.

Da war er, der Stolz, der versöhnliche Stolz, der es schaffte das Bett wieder in dieselbe schön weiche Kuschelhöhle zu verwandeln, in der es sich hatte immer so wunderbar träumen lassen.

Es war das allererste Mal, dass sie ganz alleine und ohne Hilfe ein Buch gelesen hatte. So richtig von vorne bis nach hinten. Jeden Abend ein bisschen, solange bis ihre Augen so müde waren und sie die Geschichte in ihren Träumen wiederfand.

Naja, sie hatte fast alles gelesen. Es gab zwei Kapitel, die sie nicht gelesen hatte, weil der Anfang schon nicht schön gewesen war. Sie wollte diesen Teil der Geschichte lieber überspringen. Ohne zu erfahren ob hinter dem Dunkel wirklich etwas so Düsteres stecken würde, schlug sie die Seiten einfach um.

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Damals blätterte sie weiter, ganz schnell, so als müssten ihre Finger beim Umschlagen der Seiten rennen. Sie las hastig quer durch die Seiten, immer nur einen Satz, manchmal auch nur einen halben, um herauszufinden, ob ihre Finger endlich anhalten durften. Ob sie die Seite loslassen könnte, die immer schon fest zwischen Zeigefinger und Daumen klemmte. Nur, um im Notfall schnell genug umgeschlagen zu sein.

Endlich, ein paar Seiten später hielten ihre Finger ziemlich abrupt an, da war sie wieder. Sie stand wieder auf dieser kleinen Lichtung, dieser, die von hohen Eichen umgeben war, deren Blätter die Sonnenstrahlen in alle Richtungen spiegelten. Die Lichtung, die rundherum übersät war mit diesen hübschen, kleinen, weißen Blumen, die, ähnlich wie ihre Kissen, einen weichen Schutz vor dem kalten Holz des Bettes boten, das Dunkel des Waldes fern hielten.

- Ja! Von hier aus wollte sie damals diese, ihre geheime Welt, weiter entdecken, sie wollte gar nicht wissen, was sich auf den überblätterten Seiten befand.

Aber nun, an diesem einen Dienstag oder Donnerstag gab es nichts mehr zu erkunden, sie hatte alles erfahren, jede Ecke erspäht und ergründet.

 Doch halt!

Lille schlug das Buch auf und suchte diese eine Seite, die in der sich Jeppe gerade auf den Weg in den dunklen Wald machte. Irgendwie musste man ihn doch aufhalten können, ihn abhalten, ja! Irgendwie musste sie ihm sagen, dass die Zeit dort in anderen Einheiten gemessen wird, dass sie viel langsamer verstreicht und dass, wenn man von der einen Zeit in die andere gerät, so viel Schlimmes passieren kann oder zumindest musste sie ihm sagen, dass er nicht alleine dort hinein gehen darf. Woher sie all das wusste, fragt ihr euch? – Sie wusste es selbst nicht, aber spüren konnte sie es ganz tief in ihrem Inneren.

Lille begann die ersten Sätze der unheilvollen Seiten zu lesen. Und dann,... umso tiefer sie in die geschriebenen Worte versank, umso mehr fühlte es sich so an, als würden ihre Füße zusammen mit den Augen über die Zeilen wandern... und ganz plötzlich wurden aus den ziemlich unebenen Buchstaben, auf denen man wirklich nur sehr schwer laufen konnte, weiche Grashalme. Ja, sie kitzelten sogar ein wenig. Sie merkte es nicht sofort, erst als ihre Augen keine Buchstaben mehr finden konnten hob sie den Kopf und schaute genau in die Richtung, in die Jeppe gerade lief. "Halt!" schrie sie....

Vier Kapitel

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Es war einmal....

Franziska Franke

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Ich möchte euch eine Geschichte erzählen und wie alle tollen Märchen beginnt sie mit einem ...

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Was wäre wenn du die Welt nur ein kleines Stückchen besser machen könntest? 

Einleitung

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Kapitelübersicht

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