Drittes Kapitel
Stadtmauern
Unruhig zuckte Lilles Bein unter der Decke. Da kitzelte sie doch irgendetwas. Als sie ihre Augen endlich öffnete, schien ihr schon die warme Sonne ins Gesicht. Konnten es die Sonnenstrahlen gewesen sein, die sie kitzelten?
Oh, wie gut hatte dieser Schlaf getan. Es war einfach so viel, was verarbeitet werden wollte und heute Morgen sah ihr Abenteuer schon viel aufregender und gar nicht mehr so beängstigend aus.
Lille versuchte sich aus dem Bett zu rollen und stieß dabei gegen etwas wirklich sehr hartes. „Aua“ sagte sie und hielt sich schnell selbst den Mund zu, denn der ganze Raum schien noch zu schlafen. Die Bettdecken in den anderen Betten hoben und senkten sich noch in einer tiefen Ruhe und sie wollte ja nun wirklich niemanden wecken. Außer Jeppe, den musste sie unbedingt wach bekommen. Doch noch bevor sie das Bett gefunden hatte unter dessen Decke Jeppes Kopf hervorguckte, sah sie etwas ganz anderes. Auf dem kleinen Tisch neben Faasoos Bett lagen zwei kleine Mäntelchen. Sie hatten Knöpfe, ja wirklich richtige Knöpfe. Wo hatte Faasoo so schnell Knöpfe herbekommen? Wo es die hier doch gar nicht gab! Als Lille eines der Mäntelchen hoch hob, wobei sie sich doch kurz fragte, wozu jemand in dieser Wärme Mäntel brauchte, sah sie, dass es kleine Astscheiben waren, durch deren Mitte einfach zwei Löcher gebohrt waren. Wie clever das war. Lille legte den Mantel erst einmal bei Seite und sucht weiter das Bett in dem Jeppe lag. Dort in der anderen Ecke, da lag er. Es waren nicht die blonden Haare, die Jeppe verrieten, sondern ein wirklich sehr tiefer und wahnsinnig lauter Schnarcher, ja, er grunzte fast. Kichernd rüttelte Lille an dem kleinen Berg unter der Decke und flüsterte Jeppe ins Ohr: „Komm, du Schlafmütze, wir müssen doch weiter, wach auf!“ Aber Jeppe drehte sich um, murmelte etwas wie „lass mich lafen!“ und machte dabei so gar keine Anstalten wach werden zu wollen. Dafür regten sich nun all die anderen Betten, vermutlich wurden sie von Jeppes Grunzer aus dem Schlaf gerissen. Die drei kleinen Mädchen waren so fix auf den Beinen, als hätten sie den aufregendsten Tag aller Zeiten vor sich. Sie sprangen zu Lille und wollten ihr beim aufwecken des Jeppe-Murmeltiers helfen. Faasoo war inzwischen auch aufgestanden und rief den Mädchen zu, sie sollten den armen Jungen doch noch etwas schlafen lassen und ihr lieber beim Frühstück vorbereiten helfen. Ziemlich artig folgten ihr alle drei und auch Lille lief in die kleine Küche und trug die Teller, die schon bereit standen, zum kleinen Tisch nach draußen vor dem Haus. Die Sonne war wirklich schon fast so warm, wie sie es gestern am Nachmittag gewesen ist. Und es waren so viele Vögel zu hören, dass Lille nicht mal wenn sie in der Schule gut aufgepasst hätte, alle Vogelarten hätte benennen können. Jeppe kam kurz darauf noch recht schlaftrunken aus der kleinen Hütte und sank noch sehr kraftlos auf den kleinen Stuhl neben Lille. Er nahm sich ein Glas von dem Saft, den Faasoo schon bereit gestellt hatte und trank es mit großen Schlücken aus. Für einen Moment überlegte Lille, ob sie nicht doch einfach hier bleiben könnten.